„Arztzeitmangel“ – KV-Vorstand spricht mit Patientenvertretung über ambulante Versorgung

veröffentlicht am 01.08.2025
Beim Vernetzungstreffen der Patientenvertretung Berlin ging es um drohende Versorgungslücken, neue Modelle der Behandlungskoordination und regionale Unterschiede.

Die ambulante medizinische Versorgung in Berlin wird sich verschlechtern. Das könnte das Fazit eines Vortrags sein, den Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV Berlin), gegenüber der Berliner Patientenvertretung am 9. Juli 2025 hielt. Es drohe ein immer größerer „Arztzeitmangel“. Einige Gründe: viele Ärzt:innen gehen in Ruhestand, junge Ärzt:innen arbeiten häufiger als bisher als Angestellte oder in Teilzeit.

Berlin: Auf dem Weg in die Unterversorgung

Noch sei die Versorgung in Berlin vergleichsweise gut: In keinem Bezirk und in keiner Arztgruppe gibt es Unterversorgung – zumindest nach der „Bedarfsplanung“, einem veralteten Modell aus den 1990ern. Die damalige Zahl an Ärzt:innen wurde als Soll-Wert festgelegt und prägt bis heute den Blick auf die Versorgung. Betrachtet man Berlin insgesamt, gibt es formell keinen Mangel. In einzelnen Bezirken sind die Zahlen aber deutlich schlechter: In Marzahn-Hellersdorf liegt die Zahl der Hausärzt:innen bei 79 Prozent des Soll-Werts. Bei den Fachärzt:innen sind die schlechtesten Werte: 65 Prozent bei den Kinder- und Jugendspsychiater:innen in Reinickendorf sowie 67 Prozent bei den Hautärzt:innen in Neukölln. Besonders im Osten Berlins rechnet die KV Berlin mit immer weniger Ärzt:innen. Neben allgemeinen Entwicklungen wie dem Trend zur Teilzeit komme hier hinzu, dass Ärzt:innen andere Bezirke als Arbeits- und Lebensort bevorzugen.

„Behandlungskoordination“ als Lösung?

Nötig sind Gegenmaßnahmen, KV-Vorstand Ruppert stellte etwa die KV-eigenen Hausarztpraxen vor, mit der die Situation im Osten Berlins gelindert werden soll. Er sprach auch über eine stärkere künftige „Patientensteuerung“. Unter diesem Begriff diskutieren Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärzteverbände und Krankenkassen neue Modelle. Beim Vernetzungstreffen wurde „Behandlungskoordination“ als alternativer Begriff genannt. Gemeint ist eine stärkere Koordination durch Hausärzt:innen oder andere „Primärärzt:innen“, damit Patient:innen gezielter die passende Versorgung erhalten. Ruppert warb auch für die Terminservicestelle der KV Berlin, die über die Telefonnummer 116 117 oder die gleichnamige App erreichbar ist. Tausende freie Arzttermine seien dort verzeichnet, aber würden nicht genutzt, sagte Ruppert.

Am gleichen Tag, als Ruppert mit den Patientenvertreter:innen sprach, hatte die KV Berlin zu einem Pressegespräch zum Thema eingeladen. „Tagesspiegel“, „Berliner Zeitung“, „Bild“ und „Deutsches Ärzteblatt“ berichteten unter anderem darüber.

Patientenvertreter:innen in vielen Gremien aktiv

Die Patientenvertreter:innen, die am Vernetzungstreffen teilnahmen, sind in vielen Gremien aktiv:

  • im Gemeinsames Landesgremium nach § 90a SGB V, das zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen Empfehlungen abgibt;
  • im Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der für die Bedarfsplanung zuständig ist;
  • im Erweiterter Landesausschuss, der die ambulante spezialfachärztliche Versorgung bestimmter Erkrankungen regelt;
  • im Zulassungs- sowie Berufungsausschuss, die über die Zulassung einzelner Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen entscheiden;
  • in den Fachkommissionen zur Qualitätssicherung, in denen die Vorgaben für einzelne Versorgungsbereiche überprüft werden.

Patientenvertreter:innen können in diesen Gremien mitberaten. Wer sich ehrenamtlich als Patientenvertreter:in engagieren möchte, wird von der Koordinierungsstelle der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V. informiert und unterstützt. Die Gewinnung und Qualifizierung ehrenamtlicher Patientenvertreter:innen wird von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege im „Integrierten Gesundheits- und Pflegeprogramm (IGPP)“ gefördert.

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Koordinierungsstelle Patientenvertretung Berlin

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Kassenärztliche Vereinigung Berlin

zuletzt geändert am 01.08.2025